Ein Blick in den prächtigen Konzertsaal: Manfred Prasser trug die Schinkelschen Strukturen der Fassade nach innen und entwarf einen Saal im Stil des Klassizismus, den es vorher nicht gab (Foto: Tong Shang)

Konzerthaus Berlin am Gendarmentmarkt

„Ein Bauwerk muss den Menschen inspirieren und Raum schaffen, in dem sie sich entfalten können.”

Nachdem Prasser einige Motive aus dem früheren Kammermusiksaal in den grossen Konzertsaal übernommen hatte, musste auch der kleine Saal neu gestaltet werden: „Der Kammermusiksaal ist die Kammer, das ist was feminines, und der grosse Saal ist maskulin“, so beschreibt es Prasser (aus dem Film „Schinkel neu komponiert“, 2014).

Das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, ursprünglich von Schinkel entworfen, gehört zu den ikonischen Beispielen klassizistischer Architektur. Im Krieg stark beschädigt, sollte das Bauwerk in den 80iger Jahren wieder aufgebaut werden. Doch Berlin hatte viele gute Theater und brauchte dringend ein Konzerthaus. Plan war es, in der originalen klassizistischen Hülle einen modernen Konzertsaal einzurichten. Prasser war mit diesem Ansatz nicht zufrieden. Er setzte sich vehement für einen Saal im klassizistischen Stil ein, der das Innere in Harmonie mit der äusseren Gestaltung des Gebäudes bringt.

Einen solchen klassizistischen Konzertsaal in der geforderten Grösse gab es aber vorher nicht. Während die äussere Gestaltung originalgetreu rekonstruiert wurde, entwarf Prasser für das Innere einen völlig neuen Saal im Stile Schinkels. Anregungen dazu holten sich er und sein Team von anderen Bauten Schinkels und aus dem vormals in einem Seitenflügel des Schauspielhauses untergebrachten Kammermusiksaal. Vieles wurde neu entworfen und das ganze ist völlig neu komponiert. Um sich vom grossen Konzertsaal abzuheben, hat der Kammermusiksaal eine völlig neu entworfene klassizistische Gestaltung erhalten. Nach Prasser, ist er feminin, der grosse Saal maskulin - ein passender Vergleich.

Hinter den klassizistischen Dekors verbirgt sich eine moderne Stahlskelettkonstruktion mit allen modernen Einrichtungen, die ein vielseitiger Konzertbetrieb braucht. Die zeitgemässe Klimaanlage musste hinter der klassizistischen Gestaltung versteckt werden - Lufteinlässe im Fussboden sehen aus, wie antike Dekors. Die Bestuhlung musste modernen Ansprüchen genügen, und kommt trotzdem klassizistisch daher. Auch die Orgel ist neu, Prasser wollte unbedingt ein Werk der sächsischen Orgelbaufirma Jehmlich einbauen lassen, weil sie der weltweit älteste und traditionsreichste Orgelbaubetrieb ist.